Dienstag, 2. April 2019

Statt eine kohärente Energiepolitik zu formulieren, applaudiert man Jugendlichen mit unerfüllbaren Forderungen: Das ist Populismus.

nzz: Die jugendlichen Klima-Rebellen glauben, dass nur ein völlig anderes Wirtschaftssystem die Erderwärmung bremsen kann. Fundamentalopposition fühlt sich gut an, ist aber chancenlos. Wenn der Klimaschutz Wohlstand vernichtet, wird er keine Mehrheiten finden.
Nicht zur Schule gehen ist noch keine Leistung. Dennoch verfolgen Politiker und Medien die Klimademonstrationen mit so viel Sympathie, als sei es heutzutage erste Kinderpflicht, dem Unterricht freitags fernzubleiben.
Leserbrief Orsinger: Die Forderungen der "Klimalobby" werden in der Realität ja nur zu einem kleinen Teil umgesetzt, doch dieser kleine Teil zwingt die Bürger, sich neue Autos anzuschaffen, die Häuser zu dämmen und neue Heizungen zu installieren, teuren Ökostrom zu nutzen, indirekt den Zertifikatehandel zu zahlen, usw., usw. Es gilt wie (fast) immer: folge der Spur des Geldes.
Mir wäre es lieber, ich könnte auf all dieses verzichten und statt dessen in einen Klimafonds einzahlen - sogar zwangsweise, um für die Folgen des unabwendbaren Klimawandels vorzusorgen.
Denn selbst, wenn ganz Europa ab morgen kein einziges Gramm CO2 mehr emittieren würde, der Klimawandel wird durch den Rest der Welt kommen!

Freitag, 1. Februar 2019

Alain Finkielkraut: «Macron bezahlt jetzt den Preis für seinen Sieg»

nzz.ch: Auch nach über zwei Monaten und erheblichen Konzessionen wollen die «gilets jaunes» nicht von der Bühne abtreten. Der Philosoph Alain Finkielkraut sieht in ihrer Präsenz ein Resultat der zerschlagenen Parteistrukturen – und der zunehmenden Macht sozialer Netzwerke.
Nicht die Reform hat die Wut hervorgebracht, sondern der Umstand, dass sich ein Teil der Bevölkerung vergessen oder gar verachtet fühlt. Die untere Mittelschicht der «France périphérique» gehört einerseits zu den Globalisierungsverlierern, andererseits ist sie aber nicht so arm, dass sie von den Sozialgeldern des Staats profitieren würde. Die angekündigte Treibstoffsteuer war für diese aufs Auto angewiesenen Leute gewissermassen der Topfen, der das Fass zum Überlaufen brachte: Die vergessene Schicht zog eine gelbe Weste an, um sich sichtbar zu machen.
Ich halte die Grundbotschaft dieser Menschen für sehr wichtig. Sie sagten dem Präsidenten: Unser Land ist nicht einfach ein grosses globales Startup, es gibt hier auch eine ältere Welt, und mit der müsst ihr rechnen. Zu Beginn haben die «gilets jaunes» ihre Würde eingeklagt. Und auf völlig überraschende Weise hat sich dabei ein Teil der Bevölkerung zusammengetan, der zuvor weder in Gewerkschaften noch sonst wie organisiert gewesen war. Das war ein Moment der politischen Kreativität, und in diesem Zusammenhang fand ich es auch berührend und vielsagend, dass sich die Gelbwesten auf Kreiseln versammelten: Auf den Kreiseln kommen die Verkehrsflüsse zusammen, sie sind damit quasi eine moderne Form der alten Plätze, und durch die Proteste wurden sie zu echten Agoren oder Foren.